Quasi-Rechtfertigung

Meine Bekannten sagen immer wieder: 
»Was soll das Dichten? Warum schreibst du Lieder?
Was nützt ein Buch, das keinen Leser hat,
dem, der es schrieb? Er wird davon nicht satt.
Hör auf mit diesem lächerlichen Streben!
Es wird für dich nie Ruhmeskränze geben. 
Statt deine Zeit so sinnlos zu verschwenden,
kannst du sie doch gewinnbringend verwenden!«
Jetzt könnt ich antworten. Ich laß es bleiben.
Denn daß ich einfach schreibe, um zu schreiben,
wird keiner dieser Kläger je begreifen.
Zwar mag ich Ruhm und Ehre, goldne Schleifen
- es ist nicht so, daß ich Erfolg verachte -,
doch stimmt es nicht, daß Schreiben mir nichts brachte.
Zwar werde ich wohl nie etwas verlegen,
mit meinen Worten nie die Welt bewegen,
doch ist der Spaß, den ich beim Schreiben habe,
mir eine unbezahlbar teure Gabe.
Ich muß nicht wortlos auf der Erde kleben:
Ich kann auf Pegasus gen Himmel schweben.
Recht haben meine Freunde (meine Richter),
daß ich nicht dicht bin. Aber ich bin Dichter.

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